Ein Interview mit dem PBS

Quelle: PBS AKTUELL, April 2015

Worauf kommt es bei einer gelungenen Schaufensterdekoration an, bzw. welche Grundregeln sollten bei jeder Dekoration beachtet werden?

Hinter jeder Schaufensterdekoration sollte ein Konzept, eine erkennbare Thematik stehen. Das Schaufenster an sich dient dem Zweck, das Unternehmen, ein bestimmtes Image darzustellen und nach außen zu transportieren. Eine kompetente Auswahl des Sortiments zu zeigen, Botschaften oder Werbung zu transportieren. Ideen und Inspirationen für ein Konzept finden sich in Magazinen, auf Messen, Reisen oder im kulturell- gesellschaftlichen Umfeld. Bei der Ideenfindung sollte unbedingt auch die anvisierte Zielgruppe berücksichtigt werden: Welche Erwartungen, welche Interessen hat sie? Das Schaufenster kann wie eine Bühne funktionieren, Geschichten können erzählt und inszeniert werden und so den Betrachter fesseln. Eine gelungene Schaufensterdekoration hat zur Folge, dass beim Passanten Interesse geweckt wird, Neugier und Begierde. Und im Idealfall, dass er den Laden betritt und zum Kunden wird.

Im Innenraum sollte sich die gewählte Thematik/Story wiederfinden und als roter Faden erkennbar sein. Einige Grundprinzipien geben Hilfestellung für eine optimale Warenanordnung im Schaufenster und deren Wirkung auf den Betrachter.

Generell sollte eine klare Aufteilung des Fensters und ein strukturierter Aufbau angestrebt werden. Die menschliche Wahrnehmung sucht nach Ruhe und Klarheit! Das Fenster sollte zu ca. 20 – 40% mit Ware ausgelastet sein. Der Rest sind Requisiten, Dekoartikel oder freie Flächen. Die Blickrichtung der meisten Menschen wandert von links nach rechts. Auch dies kann berücksichtigt werden. Dem unteren Drittel einer Darstellung wird am meisten Aufmerksamkeit gewidmet.

Durch Akzente und Kontraste können Blickfänge geschaffen werden. Kontraste entstehen durch Form- Farb- oder Materialunterschiede oder das Spiel mit Licht und Schatten. Sie sorgen für Spannung, Dynamik und Lebendigkeit im Fenster. Es sollten maximal drei Farben verwendet werden (3 – 4 Grundfarben, der Rest abgetönte Farben der selben Farbfamilie). Farben, Muster und Materialien sollten in einer sinnvollen und durchdachten Art angeordnet werden.

Der Aufbau eines Schaufensters kann horizontal, vertikal (eher ruhig, flächig) oder diagonal (eher zielstrebig, dynamisch) ausgerichtet sein. Ware kann symmetrisch (eher ruhige, klare, mächtige Wirkung) oder asymmetrisch (eher lebendige, spannende, dynamische Wirkung) arrangiert werden.

Die Produkte sollten nicht einzeln dargestellt werden. Gruppierungen wie Reihung oder ein Pyramidenaufbau sorgen für Räumlichkeit und Lebendigkeit. Hilfestellung für die Schaffung von Höhe und Tiefe leisten kleine Tische oder Podeste, die variabel angeordnet werden können.

Eine geeignete Tiefe des Fensters liegt bei ca. 1,20m. Rückwände, also geschlossene Schaufenster, tragen weiterhin zur Räumlichkeit und einem homogenen Aufbau bei. Von hoher Priorität ist Sauberkeit! Ein verschmutztes Fenster oder alte, ausgeblichene Produkte führen zu negativen Rückschlüssen auf das Sortiment. Auch die Fassade sollte nicht zugestellt oder beklebt sein. Preisaufsteller sollten ebenfalls immer einheitlich sein und gerade, d.h. parallel zur Fensterscheibe, stehen. Der Einsatz von Licht ist enorm wichtig. Nach jedem Schaufensterwechsel sollten die Strahler neu gestellt und optimal auf die Produkte ausgerichtet werden. Licht verfügt über die größte Fernwirkung und wirkt positiv auf den Betrachter!

Wie oft sollte ein Schaufenster und ein Aktionstisch neu dekoriert werden?

Die Häufigkeit eines Schaufensterwechsels ist in großen Teilen abhängig vom Standort. Befindet sich das Unternehmen in einer exponierten, stark frequentierten 1A Lage oder eher in einer abgetrennten Seitenstraße? Üblich sind Wechsel alle zwei bis vier Wochen.

Soll ein Fenster über einen längeren Zeitraum bestehen, beispielsweise zu Weihnachten, können auch innerhalb diesem kleinere Wechsel vorgenommen werden. Beispielsweise) der Austausch von einzelnen Produkten oder Farben.

Auch hier sind gute Planung und Vorbereitung Voraussetzung! Die rechtzeitige Beschaffung von Motiven, Requisiten oder Dekoartikeln sollte ebenso bedacht werden, wie der erhöhte Zeitaufwand und die Personaleinsatzplanung.

Der Aktionstisch kann dabei als „Vorlagetisch“, „Appetizer-Tisch“ oder „lead-in-table“ im Eingangsbereich die Thematik des Fensters aufgreifen und die ausgestellten Produkte für den Kunden haptisch erfahrbar machen. Da ein Umbau hier weniger aufwendig ist, sollte der Aktionstisch häufiger gewechselt werden. Hier kann auch spontan auf aktuelle Anlässe reagiert werden.

Schreibwarengeschäfte haben oft wenig Platz für Aktionsplatzierungen. Wie kann man auf kleiner Fläche eine große Wirkung erzielen?

Sowohl im Schaufenster als auch im Innenraum ist eine erkennbare und ansprechende Thematik Voraussetzung für eine positive Wirkung auf den Kunden. Gerade auf kleiner Fläche gilt es, Fernwirkung zu schaffen durch Höhe und Räumlichkeit. Rückwände und Deckenabhängungen sollten eingebunden werden, um optisch mehr Fläche zu gewinnen. Auch hier bieten sich verschieden große Podeste an, die über- oder nebeneinander gestapelt variable Präsentationsmöglichkeiten bieten.

Bilder im Hintergrund (Imagebilder) wirken stimmungsvoll und intensiv. Das Spiel von Licht und Schatten sorgt für Aufmerksamkeit und Dynamik. Auf der Scheibe angebrachte Beklebungen wie zum Besipiel Schriftzüge unterstreichen zusätzlich die Aussage der Dekoration.

Wie lassen sich Fenster und Verkaufsraum auch mit einem kleinen Budget aufpeppen?

Parallel zur Ideenfindung und Konzeptionierung sollte geprüft werden, welcher Ladenbau, welches Mobiliar und welche Requisiten zur Verfügung stehen. Sind Neuanschaffungen notwendig oder kann Bestehendes umfunktioniert oder neu positioniert werden?

Auch hier empfiehlt sich ein flexibler und variabler Ladenbau, so z.B. Würfel oder Regale, die offen oder geschlossen, hoch- oder querkant verwendet werden können. Um unterschiedliche Optiken zu erreichen, können diese mit Farbe angestrichen oder mit Papier beklebt werden. Kostengünstig sind auch Leinwände oder Rahmen die mit Stoffen oder Geschenkpapier bespannt als Teilrückwand eingesetzt werden können. Oft bieten auch Alltagsgegenstände die Gelegenheit, Ware ungewohnt in Szene zu setzen

Wie wäre es zum Beispiel, Briefbögen an einem großen Ast baumeln zu lassen?

DIY und Selbstgemachtes liegen auch bei der Schaufenstergestaltung im Trend. Ein Besuch im Baumarkt eröffnet oft ungeahnte Ideen und Möglichkeiten! Gute Ideen kosten nichts. Es lohnt sich, über aktuelle Trends informiert zu sein und der Welt mit offenen Augen zu begegnen.

Oft gibt ein Saisonanlass wie Ostern oder Weihnachten das Dekorationsthema vor. Wie lassen sich darüber hinaus ansprechende Themen finden?

Im Schreibwarenhandel sind Sie es gewohnt, Anlässe darzustellen. Der Kunde erwartet das. Trotzdem ist es wichtig, aktuelle Trends mit einzubeziehen. Dies kann singulär oder innerhalb eines Anlasses stattfinden. Ein Weihnachtsfenster in einem aktuellen Trend (zum Beispiel Trend Paperworld: emotional path) zu gestalten, ist eine kreative Herausforderung und wird die Kunden sicherlich positiv überraschen.

Eine frühe Planung der ganzjährigen Schaufensterthemen erleichtert den Ablauf. Ware sowie Accessoires („Cross-Selling-Artikel“) können somit zeitgerecht eingekauft werden.
Trendvorschauen bieten Messen wie die Paperworld in FFM, Magazine oder Trendbüros.
Inspiration für weitere Themen bieten auch Reisen, fremde Kulturen, Ausstellungen, politische und gesellschaftliche Tendenzen und Zeitgeist im Allgemeinen.

Gibt es aktuelle Trends, die der Handel bei der Dekoration gut umsetzen kann?

Alle aktuellen Trends verstehen sich als Themenwelten. Seien sie mit saisonalem Bezug und der Orientierung an Jahreszeiten wie bei der Sonderschau der Paperworld 2015 oder aus der Feder des Stilbüros „Bora. Herke. Palmisano“. Es geht nicht um die reine Darstellung eines Produktes, sondern um Inszenierung und „Storytelling“.

Produkte aus verschiedenen Bereichen wie Buchhandel, Papeterie oder Geschenk- und Dekorationsartikel verschmelzen innerhalb einer Thematik miteinander. Der Einsatz von „Cross-Selling- Artikeln die das Hauptsortiment erweitern, wird unabdingbar.

Zu Beginn der Sommerzeit sehen wir den Trend „expressive way“, vorgestellt auf der diesjährigen Paperworld vom Stilbüro „Bora. Herke. Palmisano“. Mit kraftvollen und leuchtenden Farben, natürlichen Materialien, spannenden und unregelmässigen Oberflächen kommt er sehr kreativ daher. Blüten- und Blattmotive, innovative und ungewöhnliche Drucke verbreiten die vibrierende und naive Süße des Sommers. Die Anlehnung an expressionistische Malerei wird durch kräftigen Pinselduktus, getupfte und gekleckste Muster sichtbar. Applikationen, Stickereien oder Tapes sind Bestandteile des Trends und finden ihren Platz im Schaufenster.

Eine gute Schaufenstergestaltung basiert auf einem stimmigen Konzept und einer bewussten Dekoration. Wer den Schritt zurück wagt und das eigene Schaufenster und den Innenraum aus Sicht seiner Kunden betrachtet, ist auf dem richtigen Weg.

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